Oft wünschen sich passionierte Reiter
und Pferdefreunde wenigstens einmal im Leben ein junges Pferd selbst
ausbilden zu können. Leider merken sie oft zu spät welche
Schwierigkeiten dies beinhaltet und – neben vielen anderen
Problemen – wird ein wichtiger Punkt sehr oft übersehen. Ein
junges Pferd braucht Vorbilder, von denen es lernen kann, z.B. wie
das Pferdeleben so ist oder wie man mit Menschen umgeht. Man könnte
ein solches Vorbild als „geistiger Mentor“ bezeichnen. Der eine
oder andere erinnert sich bestimmt noch an den Film „Der Name der
Rose“, mit Sean Connery als William von Baskerville und Christian
Slater als Adson von Melk. Der alte, erfahrene Mönch als Mentor, der
seinen jungen Novizen in das Leben als Mönch einführt. Nicht viel
anders läuft dies bei Pferden.
Ein Pferd wird gewöhnlich im Alter von
etwa vier bis fünf Jahren zum Reiten ausgebildet. Bis dahin
sollte man natürlich schon etwas Bodenarbeit mit dem Tier gemacht
haben; es sollte ebenfalls seinen Menschen gut kennen und sich putzen
und die Hufe reinigen lassen. Leider aber machen einige
Pferdebesitzerinnen den Fehler ihr Pferd von äußeren Einflüssen zu
isolieren. Nicht selten wird das Pferd alleine in eine Pferdebox
gestellt und hat höchstens auf dem angeschlossenen Paddock
Kontakt zu den ein oder zwei Artgenossen auf dem/den
Nachbar-Paddock(s). Aber gerade ein junges Pferd möchte - ähnlich
wie ein kleines Kind - seine Welt entdecken und die Umgebung
erforschen. Es mag zunächst vielleicht sogar vor unbekannten
Artgenossen zurückschrecken, aber schon bald wird die Neugier
überwiegen.
In diesem Entwicklungsstadium wäre es
für das junge Pferd das Beste, wenn es mit einem (oder mehreren)
älteren und ranghöheren Artgenossen zusammen auf die Weide
gehen würde, wo es seine Umgebung gut wahrnehmen kann. Von dem Artgenossen könnte es all die Dinge lernen,
die ein Pferd wissen muss, z.B. wie man sich gegenüber Menschen
verhält oder wie man mit Gefahren (herumstehende Mülltonnen,
flatternde Planen, Autos etc.) umgeht. Wer sonst sollte dem Jungtier
zeigen, wie das Pferdeleben ist, wenn nicht ein älterer Artgenosse?
Wird einem jungen Pferd die Möglichkeit
verwehrt die Geheimnisse des Lebens von älteren Pferden zu
lernen, dann muss es sie alleine lernen. Damit sind junge Pferde
natürlich oft überfordert und auch der Mensch ist dabei eher selten
eine Hilfe. Das Ergebnis ist ein halb-angerittenes, ängstliches
Tier, dass sich schon vor einer herumstehenden Mülltonne fürchtet
oder bei einer unbedachten Bewegung eines Passanten in Panik gerät.
In den Straßenverkehr kann man sich mit solch einem ängstlichen
Pferd schon gar nicht trauen.