Ein Pferd auf einem Reiterhof
einzustellen ist an und für sich eine bequeme Sache: Der Reiterhof
stellt die Box zur Verfügung und sorgt für ausreichend Futter. Oft
ist beim Weidegang sogar noch ein Rein-Raus-Service inbegriffen. Für
die Besitzer ist das sehr praktisch, denn so ist die Versorgung des
Pferdes auch dann gewährleistet, wenn die eigene Zeit sehr
knapp bemessen ist. Man selbst braucht nur noch zum Reiten zu kommen
und sich nicht mit lästigen Pflichten herumschlagen. Mit der
Bequemlichkeit entsteht jedoch ein Problem, welches den meisten
Betroffenen zunächst gar nicht bewußt ist: Sie geraten in eine
psychologische Falle.
Die Betroffenen merken zunächst nicht,
dass sie eigentlich nur noch zum Reiten kommen und selbst wenn sie es
merkten, fänden sie das auch gar nicht schlimm. Schließlich sorgen
die Mitarbeiter des Reiterhofes doch hervorragend für das
Pferd. Eines Tages jedoch wird das Pferd, mehr oder weniger
plötzlich, zickig. Weil dies am Anfang meistens nur Kleinigkeiten
sind, bei denen das Pferd ungezogen ist, fällt es erst mal gar nicht
auf. Nach einiger Zeit jedoch merkt die Besitzerin, dass das Pferd
sich immer häufiger widersetzt. Es lässt sich nur widerwillig
führen, es ignoriert den Menschen und macht auch sonst was es will.
Irgendwann kommt dann der Punkt, wo die Besitzerin sich verwundert
mit jemandem von Stallpersonal unterhält und ihre Beobachtung
mitteilt. Die Stallmitarbeiter können das Fehlverhalten des Pferdes
jedoch nicht bestätigten. Zwar gibt es gelegentliche, kleine
Probleme, aber die sind eigentlich nicht der Rede wert. Bei ihnen ist
das Pferd praktisch immer brav. Es begrüßt sie sogar freudig,
während es die Anwesenheit seiner Besitzerin kaum zur Kenntnis
nimmt. Was also ist geschehen?
Die Pferdebesitzerin ist unfreiwillig
in eine psychologische Falle gelaufen. Da der Reiterhof ihr Pferd ja
bestens versorgt, kommt sie nur noch zum Reiten, was das Pferd nicht
unbedingt angenehm findet, denn schließlich bedeutet das für
das Tier Arbeit. Die Stallmitarbeiter sind jedoch diejenigen, die das
Pferd füttern, es auf die Weide bringen und auch sonst bei den
alltäglichen Herausforderungen des Pferdelebens dem Tier zur Seite
stehen. Kein Wunder, dass das Pferd die Stallmitarbeiter mit den
Futtereimern freudiger begrüßt, als die Besitzerin, die wieder
einmal vergessen hat ein paar Möhren oder andere Leckerlis
mitzubringen. Pferde denken halt nicht in menschlichen Kategorien;
ihnen ist egal wer ihre Besitzerin ist. Sie bauen eine Beziehung zu
den Menschen auf, die täglich mit ihnen umgehen, sie auf die Weide
stellen oder das Futter bringen.
Um diese Falle zu umgehen gibt es nur
eine Lösung: Pferdebesitzer müssen viel Zeit mit ihren Tieren
verbringen, und zwar auch dann, wenn sie nicht reiten. Warum
also nicht mal das eigene Pferd auf der Weide besuchen und sich
mittels eines mitgebrachten Stuhles einfach mal für eine Stunde
dazusetzen? Es wird nicht lange dauern bis das Pferd sich dem
Menschen nähert und Kontakt aufnimmt. Das ist der Moment für ein
paar Streicheleinheiten und freundliche Worte von Seiten des
Menschen. Weiterhin sollte man sich angewöhnen immer ein paar
Leckerlis für das Pferd dabei zu haben. Natürlich soll das Pferd
nicht überfüttert werden, aber es geht dabei auch nicht um die
Menge oder darum, dass der Reiterhof das Pferd vielleicht nicht gut
versorgen würde. Es geht darum, dass der Empfang von Futter für das
Pferd eine positive Erfahrung darstellt. Jede Pferdebesitzerin
sollte daher darauf achten, dass ihr Pferd diese positive Erfahrung
nicht nur mit den Stallmitarbeitern macht, sondern auch mit ihr. Das
Austeilen von Leckerlis stellt für Pferdebesitzer eine einfache
Möglichkeit dar ihrem Pferd eine positive Erfahrung zu vermitteln,
warum also nicht davon Gebrauch machen? Und wenn es die Zeit erlaubt,
sollte man das Pferd vielleicht auch mal selbst auf die Weide
stellen.
Weiterhin ist es wichtig bei für das
Pferd bedeutenden Ereignissen, wie zum Beispiel Hufschmied- oder
Tierarztbesuchen, anwesend zu sein. Nicht, um Hufschmied oder
Tierarzt zu kontrollieren, sondern damit das Pferd weiß, dass die
Besitzerin da ist, wenn sie gebraucht wird. Dass man sein Pferd
überdies bei Krankheiten nicht alleine lässt, muss wohl nicht extra
gesagt werden. Häufige Präsenz und positive Erfahrungen mit den
Besitzern geben den Pferden Sicherheit und den Besitzern die Chance
ihre Pferde besser kennen zu lernen. So lernen die Pferde den
Menschen zu vertrauen und die Menschen ihrerseits den Pferden. Und
beim nächsten Ausritt wird man unzweifelhaft froh über das
gewonnene Vertrauen sein.
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