Die Antwort auf diese Frage erscheint
den meisten Pferdekennern so einfach wie überflüssig: Natürlich
nicht! Umso interessanter ist die folgende Episode, die sich in einem
kleinen Privatstall in der Eifel zugetragen hat.
Es begann damit, dass das Tor, welches
zwei jungen Stuten den Zugang zum Heudepot verwehrte, früh morgens
offen stand und die beiden Jungpferde im Depot eine nächtliche
Futterparty gefeiert hatten. Die Pferdepfleger nahmen diesen Vorgang
- so ärgerlich er auch war - nicht weiter ernst und beschlossen den
Karabinerhaken, der die Kette des Tores zusammenhielt, künftig
sorgfältiger zu kontrollieren. Bei dem Karabinerhaken handelte es
sich um einen handelsüblichen solchen aus dem Baumarkt, mit einem
Öffnungsstift, der durch eine Feder in geschlossenem Zustand
gehalten wird. Dieser Hakentyp wird praktisch überall zum
Verschließen von Toren und Ketten, auch in Reitställen, eingesetzt.
In den folgenden Wochen wiederholte
sich der Vorfall mehrmals und die verantwortlichen Menschen begannen
einander heftigste Vorwürfe zu machen. Jeder verdächtigte die
Anderen den Karabinerhaken offen gelassen zu haben. Nachdem der
Ärger jedoch abgeflaut war, realisierten die Beteiligten, dass
offenbar jeder von ihnen das Tor immer gewissenhaft abgeschlossen
hatte. Vor allem, nachdem die Jungpferde ja schon einmal im
Futterdepot gewesen waren, hatte jeder natürlich
besonders gut aufgepasst. Wenn aber keiner der
Pferdeversorger den Karabinerhaken offen gelassen
hatte, wer dann?
Zunächst stand die Theorie im Raum,
dass ein Fremder auf der Anlage gewesen sein müsste, der womöglich
einige der kleinen, 40kg schweren Heuballen geklaut und dabei den
Karabinerhaken offen zurückgelassen habe. Gegen diese Theorie
sprachen jedoch zahlreiche Gründe. Die Wichtigsten: Der Täter hätte
zuerst einmal einen etwa hundert Meter langen, matschigen Weg vom
Haupteingangstor bis zum Stallgebäude zurücklegen müssen, der -
bedingt durch einen milden, aber regenreichen Winter - extrem
aufgeweicht und nur mit Gummistiefeln zu bewältigen war. Da sich die
Vorfälle bis zu drei Mal in einer Woche ereigneten, dabei aber immer
nur geringe Mengen Heu verschwanden, hätte der Fremde folglich
mehrmals tätig sein müssen. Dabei wäre er jedes Mal das Risiko der
Entdeckung eingegangen. Außerdem hätte die ganze Aktion bei Nacht
stattfinden müssen, denn das offene Depottor wurde in den meisten
Fällen am frühen Morgen entdeckt, während am Abend zuvor noch
alles in Ordnung gewesen war. Da von den Nachbarn keiner
verdächtig war, müsste ein eventueller Täter ortsfremd sein. Woher
sollte er dann aber wissen, wo genau das Heu gelagert wurde? Sich als
Ortsunkundiger auf einer fremden Weide- und Stallanlage zu
orientieren ist schon bei Tageslicht nicht so ganz einfach, aber bei
Dunkelheit und ohne elektrisches Licht ist es fast
unmöglich. Selbst eine Taschenlampe hilft dabei wenig, zumal der
Lichtschein natürlich Aufmerksamkeit erregen würde.
Nach einigem Überlegen wurde also auch
die Eindringlingstheorie beiseite gelegt. Aber damit war immer noch
nicht geklärt, wer den Karabinerhaken geöffnet hatte.
Hauptverdächtige waren jetzt jedoch die beiden Jungstuten.
Sollten diese in der Lage sein einen Karabinerhaken aufzuhebeln? Die
Kette war recht straff (aber nicht zu straff) gespannt und der Haken
befand sich durchaus in der richtigen Höhe. Auch hatten die beiden
Tiere den Menschen beim Öffnen und Schließen des Tores oft
genug zugesehen. Besser hätten die Bedingungen kaum sein können. Um
einen entgültigen Beweis zu erhalten, hätte man die Pferde jedoch
dabei beobachten und möglichst auch noch filmen müssen. Das
wäre jedoch schwierig geworden, also beschränkte man sich darauf
die Kette zusätzlich mit einem Schäkel zu sichern, den man
neben dem Karabinerhaken anbrachte. Ein Schäkelbügel wird ja
bekanntlich mit einem verschraubbaren Stift verschlossen.
Um einen Schäkel zu öffnen, muss man den Stift aus dem Gewinde
herausschrauben, ein Vorgang, der gewisse feinmotorische
Fähigkeiten erfordert, die nur Menschen besitzen (und
eventuell noch die eine oder andere Affenart).
In den folgenden Tagen geschah jedoch
wieder, was bereits mehrfach geschehen war: Morgens war der
Karabinerhaken geöffnet und hing lose herunter. Nur
der verschraubte Schäkel hatte diesmal verhindert, dass das Tor zum
Heudepot aufgegangen war.
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