Ein neues Pferd in eine bestehende
Herde einzuführen ist eine heikle Sache. Im schlimmsten Fall lehnt
die Herde den Neuzugang ab und jagt das neue Pferd weg. Der Lösung
des Problems kommt man aber näher, wenn man sich die Gründe für
die ablehnende Reaktion der Herde ansieht. Zwar gibt es für den
Erfolg der im folgenden beschriebenen Strategie keine Garantie (auch
der Autor kann keine geben), jedoch hat die Methode schon einige Male
funktioniert.
Eine eventuell schon länger bestehende
Herde stellt eine geschlossene Gesellschaft dar, in welcher ein
Neuzugang einen Eindringling vorstellt. Dieser wird folglich
also erst einmal weggejagt, vor allem, wenn er so vermessen
ist uneingeladen das Territorium der Herde zu betreten. Das ist z.B.
dann der Fall, wenn der Mensch das neue Pferd einfach „zu den
anderen“ auf die Weide stellt. Es nützt dabei auch nichts das
Leittier aus der Herde herauszunehmen, denn dann übernimmt der
nächste in der Herdenhierarchie die Aufgabe die bestehende Herde vor
dem Eindringling zu schützen.
Spätestens jetzt kommt der Moment, wo
der Mensch einen Blick in die Fachliteratur wirft (oder werfen
sollte) und dabei feststellt, dass zu diesem Thema so gut wie nichts
veröffentlicht worden ist. Auch Nachfragen bei Reitsport-Bekannten
bleiben oft erfolglos, denn seltsamerweise taucht das Problem ein
neues Pferd in eine bestehende Herde einzuführen relativ selten
auf, sodass kaum jemand jemals darüber nachgedacht hat.
Die Lösung ist allerdings recht
einfach: Zunächst benötigt man eine Weide, auf welcher die Herde
noch nie oder schon lange nicht mehr gewesen ist, sodass sie dort
keine territorialen Ansprüche geltend machen kann. Auf diese Weide
stelle man das neue Pferd zunächst alleine und hole dann die Herde
dazu. Es spielt dabei keine Rolle, wie lange das neue Pferd
bereits auf der Weide gestanden hat – selbst ein paar Minuten
reichen schon aus. Wichtig ist, dass es zuerst und vor den anderen da
ist.
Als nächstes hole man die Herde dazu
und stelle sie ebenfalls auf die Weide; zuerst das ranghöchste Pferd, dann nach einer kurzen Weile die anderen. Das
neue Pferd, welches bis eben noch alleine war, wird die
Neuankömmlinge sicherlich mit freudigem Wiehern begrüßen, obwohl
– genau genommen – die Herde in sein Territorium eindringt. Die
Herde wiederum ist sich ihres Eindringens in fremdes
Territorium in der Regel bewusst und wird sich entsprechend
vorsichtig verhalten. In der Praxis sieht das dann so aus, dass sich
das neue Pferd und die Herde ausgiebig beschnuppern und nach einiger
Zeit beginnen Gras zu fressen. In der Phase des Beschnupperns
wird dann auch die Rangordnung innerhalb der Herde neu festgelegt und
das neue Pferd erhält seinen Platz in der Herde. Dieser Vorgang
beginnt mit dem Betreten der Weide durch die Herde und dauert im
Allgemeinen nur wenige Minuten. Beendet ist er, wenn die Pferde sich
dem Gras auf der Weide zuwenden.
Es gibt dabei jedoch zwei Dinge zu
beachten:
1. Das neue Pferd muss bereit sein sich
dem Leitpferd unterzuordnen, oder umgekehrt. Ist das nicht der Fall
und macht das neue Pferd dem Leittier die Führungsposition streitig,
welche dieses nicht abtreten will, dann ist es sehr wahrscheinlich,
dass die Zusammenführung scheitert. Bestehen also beide Pferde auf
ihrer (hohen) Rangstellung, dann bleibt einem nichts anderes
übrig, als auf die Zusammenführung zu verzichten.
2. Man kann die Zusammenführung nicht
nur auf einer Weide, sondern auch auf einem Sandplatz oder Paddock
durchführen, hat dann aber den Nachteil, dass die Pferde dort kein
Gras fressen können und somit das Ende des Vorgangs für den
Beobachter weniger klar ersichtlich ist. Auch sind die Pferde
natürlich sehr am Grasfressen interessiert, was eventuelle
Schwierigkeiten bei der Zusammenführung abmildert. Auf diesen
Ortsvorteil sollte man besser nicht verzichten. Alternativ könnte
man auch etwas Heufutter anbieten, aber nicht alles auf die selbe
Stelle legen!.
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