Montag, 4. Dezember 2017

Ein neues Pferd in eine bestehende Herde einführen

Ein neues Pferd in eine bestehende Herde einzuführen ist eine heikle Sache. Im schlimmsten Fall lehnt die Herde den Neuzugang ab und jagt das neue Pferd weg. Der Lösung des Problems kommt man aber näher, wenn man sich die Gründe für die ablehnende Reaktion der Herde ansieht. Zwar gibt es für den Erfolg der im folgenden beschriebenen Strategie keine Garantie (auch der Autor kann keine geben), jedoch hat die Methode schon einige Male funktioniert.
Eine eventuell schon länger bestehende Herde stellt eine geschlossene Gesellschaft dar, in welcher ein Neuzu­gang einen Eindringling vorstellt. Dieser wird folglich also erst einmal weggejagt, vor allem, wenn er so ver­mes­sen ist uneingeladen das Territorium der Herde zu betreten. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Mensch das neue Pferd einfach „zu den anderen“ auf die Weide stellt. Es nützt dabei auch nichts das Leittier aus der Herde herauszunehmen, denn dann übernimmt der nächste in der Herdenhierarchie die Aufgabe die bestehende Herde vor dem Eindringling zu schützen.
Spätestens jetzt kommt der Moment, wo der Mensch einen Blick in die Fachliteratur wirft (oder werfen sollte) und dabei feststellt, dass zu diesem Thema so gut wie nichts veröffentlicht worden ist. Auch Nachfragen bei Reitsport-Bekannten bleiben oft erfolglos, denn seltsamerweise taucht das Problem ein neues Pferd in eine be­stehende Herde einzuführen relativ selten auf, sodass kaum jemand jemals darüber nachgedacht hat.
Die Lösung ist allerdings recht einfach: Zunächst benötigt man eine Weide, auf welcher die Herde noch nie oder schon lange nicht mehr gewesen ist, sodass sie dort keine territorialen Ansprüche geltend machen kann. Auf diese Weide stelle man das neue Pferd zunächst alleine und hole dann die Herde dazu. Es spielt dabei keine Rol­le, wie lange das neue Pferd bereits auf der Weide gestanden hat – selbst ein paar Minuten reichen schon aus. Wichtig ist, dass es zuerst und vor den anderen da ist.
Als nächstes hole man die Herde dazu und stelle sie ebenfalls auf die Weide; zuerst das ranghöchste Pferd, dann nach einer kurzen Weile die anderen. Das neue Pferd, welches bis eben noch alleine war, wird die Neuankömmlinge sicherlich mit freudigem Wiehern begrüßen, ob­wohl – genau genommen – die Herde in sein Territorium eindringt. Die Herde wiederum ist sich ihres Ein­drin­gens in fremdes Territorium in der Regel bewusst und wird sich entsprechend vorsichtig verhalten. In der Praxis sieht das dann so aus, dass sich das neue Pferd und die Herde ausgiebig beschnuppern und nach einiger Zeit be­ginnen Gras zu fressen. In der Phase des Beschnupperns wird dann auch die Rangordnung innerhalb der Herde neu festgelegt und das neue Pferd erhält seinen Platz in der Herde. Dieser Vorgang beginnt mit dem Betreten der Weide durch die Herde und dauert im Allgemeinen nur wenige Minuten. Beendet ist er, wenn die Pferde sich dem Gras auf der Weide zuwenden.
Es gibt dabei jedoch zwei Dinge zu beachten:
1. Das neue Pferd muss bereit sein sich dem Leitpferd unterzuordnen, oder umgekehrt. Ist das nicht der Fall und macht das neue Pferd dem Leittier die Führungsposition streitig, welche dieses nicht abtreten will, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die Zusammenführung scheitert. Bestehen also beide Pferde auf ihrer (hohen) Rang­stellung, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als auf die Zusammenführung zu verzichten.
2. Man kann die Zusammenführung nicht nur auf einer Weide, sondern auch auf einem Sandplatz oder Paddock durchführen, hat dann aber den Nachteil, dass die Pferde dort kein Gras fressen können und somit das Ende des Vorgangs für den Beobachter weniger klar ersichtlich ist. Auch sind die Pferde natürlich sehr am Grasfressen interessiert, was eventuelle Schwierigkeiten bei der Zusammenführung abmildert. Auf diesen Ortsvorteil sollte man besser nicht verzichten. Alternativ könnte man auch etwas Heufutter anbieten, aber nicht alles auf die selbe Stelle legen!.

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